Gabionenwand

1. Gabionenwände

Eine Gabionenwand besteht aus mit Steinen gefüllten Drahtkörben. Gabionen werden in der Landschaftsarchitektur, im Wasserbau sowie im Straßen- und Wegebau zum Aufbau von Wällen, zur Errichtung von Sicht- oder Lärmschutzanlagen, zur Böschungsbefestigung und als Stützmauer eingesetzt. Als Abfangelemente an Hängen dienen Gabionen der Aufnahme des Erddruckes. Sie können als Alternative zu Betonfertigteilen oder Beton- und Steinmauern verwendet werden.

Hinweise für und Regelanforderungen an einzusetzende Materialien für Drahtgeflechtbehälter bzw. Drahtgitterbehälter werden im „Merkblatt über Stütz- und Lärmschutzkonstruktionen aus Betonelementen, Blockschichtungen oder Gabionen“, M Gab der FGSV genannt. 

 

2. Bemessung von Gabionenwänden

Nachfolgend werden die Nachweisführungen für Stützkonstruktionen aus Gabionen (die statisch als Schwergewichtsmauern einzustufen sind) und für Stützkonstruktionen aus bewehrten Erdkörpern mit einer Außenhaut aus Gabionen dargestellt.

Nachzuweisen sind die äußere und die innere Standsicherheit von Gabionenwänden. Bei setzungsempfindlichem Baugrund ist zusätzlich eine Setzungsberechnung erforderlich, um die Größe der Setzungen und der Setzungsdifferenzen bewerten zu können.

2.1 Einwirkungen

Stützkonstruktionen aus Gabionen und bewehrte Erdkörper werden durch ständige und veränderliche Einwirkungen beansprucht. Ständigen Einwirkungen sind Eigenlasten und ständig wirkende Erdauflasten, sowie Erd- und ggfs. Wasserdrücke. Veränderliche Einwirkungen sind u.a. Verkehrslasten (DIN EN 1991-2, DS 804, Richtlinie 836), wechselnde Erd- und Wasserdrücke. 

Die Erddruckberechnung erfolgt nach DIN 4085. Für die Erddruckberechnung darf die günstig wirkende Wandneigung vereinfachend als mittlere Neigung angesetzt werden, vgl. nachfolgende Abbildung.

 

Der Erdwiderstand Ep darf nur dann berücksichtigt werden, wenn die Wirkung dauerhaft sichergestellt werden kann. Im Regelfall sollte gemäß M Gab auf den Ansatz des Erdwiderstands verzichtet werden. Wenn der Erdwiderstand nicht angesetzt wird, um vorübergehenden Abgrabungen vor der Wand Rechnung zu tragen, kann nach M Gab gegebenenfalls mit reduzierten Sicherheiten gerechnet werden.

Die Eigenlast der Stützkonstruktion ist anhand der verwendeten Baustoffe zu wählen. Nach M Gab können zur Bestimmung des Eigengewichts die Werte der nachfolgenden Tabelle verwendet werden:

 

Material

Wichte γ [kN/m³]

Gabionen mit Stein- oder Schotterverfüllung

15 - 18

Gabionen mit Stein-Bodengemisch

16 - 19

Gabionen mit hohlraumarmer Steinschichtung

20 - 22

Oberboden als Verfüllboden von Betontrögen

15 - 17

 

Der Wandreibungswinkel ist in Abhängigkeit von den an der Erdseite der Stützmauer vorhandenen Baustoffen in Abhängigkeit vom Reibungswinkel ᵠ’ des hinterfüllten Bodens anzusetzen. Nach M Gab können die folgenden Werte verwendet werden:

 

Material an der Kontaktzone

Wandreibungswinkel δa

Gabionen mit Trenn- und Filtervlies im Gabioneninneren

1/2 bis 2/3 · ᵠ

Gabionen mit Trenn- und Filtervlies außerhalb der Gabionenrückwand

1/3 bis 1/2 · ᵠ

Gabionen ohne Trenn- und Filtervlies

An den Rückwänden vollflächige Betonteile

1/2 bis 2/3 · ᵠ

An den Rückwänden durchbrochene Betonteile

2/3 bis 1,0 · ᵠ

 

Wird die Gabionenwand auf setzungsempfindlichen Böden gegründet, kann der Wandreibungswinkel auf Werte von δa = 0° oder sogar auf δa = -ᵠk‘ abnehmen. 

2.2 Erforderliche Nachweise für Systeme ohne Geogitterbewehrung

Nachfolgend werden die erforderlichen Nachweise für Gabionenwände ohne eine Geogitterbewehrung der Hinterfüllung genannt. Es sind folgende Nachweise für die innere und äußere Standsicherheit bzw. zum Nachweis der Gebrauchstauglichkeit zu erbringen. Details zu den Nachweisen werden in M Gab beschrieben.

Innere Standsicherheit:

  • Gleitsicherheit in Lagerfugen, EC 7 / DIN 1054
  • Zulässige Außermittigkeit in Lagerfugen
  • Materialbeanspruchung, EC 2, DIN 1045, DIN 4093

Äußere Standsicherheit:

  • Gleitsicherheit in der Gründungssohle, EC 7 / DIN 1054
  • Grundbruchsicherheit, DIN 4017
  • Geländebruchsicherheit, DIN 4084

Gebrauchstauglichkeit

  • Zulässige Außermittigkeit in der Gründungssohle
  • Setzungsberechnungen gemäß DIN 4019

2.3 Erforderliche Nachweise für Systeme mit Geogitterbewehrung

Nachfolgend werden die erforderlichen Nachweise für Gabionenwände mit einer Geogitterbewehrung der Hinterfüllung genannt.

 

Es sind folgende Nachweise für die innere und äußere Standsicherheit bzw. zum Nachweis der Gebrauchstauglichkeit zu erbringen. Details zu den Nachweisen werden in M Gab beschrieben.

Nachweis des bewehrten Erdkörpers

  • Gleitsicherheit des bewehrte Erde Körpers, EC 7, DIN 1054
  • Grundbruchsicherheit gemäß DIN 4017
  • Geländebruchsicherheit gemäß DIN 4084 
  • Nachweis Bewehrungsanschluss an die Außenhaut
  • Nachweis innere Sicherheit des bewehrten Erdkörpers

Gebrauchstauglichkeitsnachweis des bewehrten Erdkörpers

  • Zulässige Außermittigkeit in der Gründungssohle
  • Setzungsberechnungen gemäß DIN 4019

Äußere Standsicherheit der Außenhaut

  • Gleitsicherheit in der Außenhaut, EC 7 / DIN 1054
  • Grundbruchsicherheit, DIN 4017

Innere Standsicherheit der Außenhaut:

  • Gleitsicherheit in Lagerfugen gemäß EC 7 / DIN 1054
  • Nachweis der Außermittigkeit in Lagerfugen
  • Nachweis der Gabionenelemente

Gebrauchstauglichkeitsnachweis der Außenhaut

  • Nachweis der Außermittigkeit in der Sohlfuge 
  • Setzungsberechnungen gemäß DIN 4019

3. Nachweisverfahren

3.1 Grundbruchsicherheit

Dieser Nachweis ist in DIN 4017 geregelt. An dieser Stelle wird auf den Glossareintrag „Grundbruch“ verwiesen. 

3.2. Klaffende Fuge, stark exzentrische Lasten

Die Nachweise sind für den Grenzzustand SLS in Analogie zu Flachgründungen zu führen. Der Nachweis der Außermittigkeit ist erbracht, wenn 

  • die Resultierende aus ständigen Einwirkungen die 1. Kernweite zur Luftseite nicht verlässt. Wenn die Resultierende die 1. Kernweite zur Erdseite verlässt, werden Reaktionskräfte in der Hinterfüllung geweckt. Daher darf zur Erdseite die Resultierende ohne weiteren Nachweis innerhalb der 2. Kernweite liegen.
  • die Resultierende aus ständigen und veränderlichen Eiwirkungen die 2. Kernweite nicht verlässt

Dieser Nachweis ist für die Gründungssohle (äußere Standsicherheit) und alle maßgebenden Lagerfugen (innere Standsicherheit) zu führen.

3.3 Gleitsicherheit in der Sohlfuge

Nach EC 7 ist der folgende Nachweis zu erbringen:

 

mit ᵠ‘ als Mittelwert der Reibungswinkel der Böden in der Sohlfuge.

3.4 Gleitsicherheit in Lagerfugen

Für den Nachweis der Gleitsicherheit in Lagerfugen wird ein Reibungsbeiwert μ (zwischen den eizelnen Gabionenelementen) – zumeist durch die Hersteller - vorgegeben. Die Gleitsicherheit wird wie folgt nachgewiesen:

 

3.5 Innere Standsicherheit des bewehrten Erdkörpers

Der Nachweis wird gemäß Angaben der EBGEO mit dem Nachweisverfahren der DIN 4084 – im Allgemeinen für Zweikörperbruchmechanismen - geführt.

Bei einem Schnitt einer Bewehrungslage durch den Bruchmechanismus, sind die folgenden, notwendige Untersuchungen nach EBGEO zu führen:

  • Bemessungswiderstand RB,d der Bewehrungslage 
  • Herausziehen der Bewehrungslage beiderseits der Gleitlinie. Der maximale Bemessungswert des Herausziehwiderstands RA,d ergibt sich aus dem Vergleich zwischen:
    • Herausziehwiderstand innerhalb des Gleitkörpers, RA1,d
  • Herausziehwiderstand außerhalb des Gleitkörpers, RA2,d

3.6 Äußere Standsicherheit des bewehrten Erdkörpers

Für die Nachweise der äußeren Standsicherheit des Bewehrten Erdkörpers müssen unter anderem Gewichtskräfte und horizontale Erddrücke auf den Erdkörper berechnet werden. Das erfolgt am Ersatzsystemen, hier dargestellt die Arbeitsweise von GGU-GABION:  

Die Horizontalbelastung ergibt sich aus dem aktiven Erddruck. Der Vertikalschnitt, für den der Erddruck in GGU-GABION bestimmt wird, ist in der nachfolgenden Abbildung dargestellt. 

Die Erddruckberechnung erfolgt über eine Variation des dahinter liegenden Erddruckkeils. Um eine eventuelle Neigung der Hinterkante der Wand zu berücksichtigen, wird nach der Ermittlung des Erddrucks eine Abminderung über die Erddruckbeiwerte kagh für eine senkrechte Hinterkante (α = 0) und eine geneigte Hinterkante (α ≠ 0) vorgenommen:

Abminderungsfaktor (Erddruck) = kagh(α) / kagh(α = 0)

3.7 Erddruckverteilung auf die Gabionenwand

Für die genannten Nachweise der Außenhaut eines bewehrten Erdkörpers muss die Erddruckverteilung auf die Außenhaut bekannt sein. 

In Anlehnung an die EBGEO kann eine Abminderung um den Faktor fq vorgenommen werden. Die auf die Außenhaut wirkende Belastung eagh,k errechnet sich aus: 

mit
fq = 0,8 für B/H ≥ 0,7 und fq = 1,0 für B/H ≤ 0,5, dazwischen linear interpolieren
kah = Erddruckbeiwert 
γ = Wichte des Füllbodens
z = Ordinate

3.8 Innere Standsicherheit von Gabionenelementen

Die innere Standsicherheit kann u.a. in Anlehnung an das Nachweiskonzept der DIN EN 1992-1 (Betonelemente) nachgewiesen werden. Hierfür ist in Belastungsversuchen ein dem Bemessungswert der Betondruckfestigkeit äquivalenter Wert der Gabionenelemente zu bestimmen. Die innere Standsicherheit wird vom Füllmaterial und dem Drahtkorb mit Aussteifungselementen bestimmt.

Für das unten gezeigte Beispiel einer um 82° gegen die Horizontale geneigten Gabionenwand, die aus 4 Körben mit einer Höhe von 1,0 m und einer Breite von 1,8 m besteht, werden in einem Video die erforderlichen Nachweise mit dem Programm GGU-GABION durchgeführt.

Alle hier aufgeführten Texte, Bilder und Medien unterliegen dem Urheberrecht und sind geistiges Eigentum der Civilserve GmbH. Verwendung ist nur mit entsprechendem Hinweis und einer Verlinkung auf diese Quelle erlaubt.