Berechnung von instationären Grundwasserströmungen

1. Grundwasserströmungen verstehen

Eine Einführung in die Bewegung des Untergrundwassers

Zur Beschreibung der Bewegung des Grundwassers wird eine Filterströmung betrachtet. Zwei Gleichungen aus der Hydromechanik liegen der mathematischen Beschreibung dieser Grundwasserströmung zugrunde:

  • Kontinuitätsgleichung 
  • Darcy’sches Gesetz 

1.1 Kontinuitätsgleichung

Die Kontinuitätsgleichung beschreibt, dass sich die Masse einer inkompressiblen Flüssigkeit (mit konstanter Dichte) in einem „Kontrollraum“ nicht ändern kann. Das Produkt aus Geschwindigkeit und durchströmter Querschnittsfläche ist gleich: 

mit

Q: Durchfluss [m³/s]

A: Querschnittsfläche [m²]

v: Geschwindigkeit [m/s]

Der Durchfluss bleibt nach obigem Bild für eine inkompressible Flüssigkeit konstant, die Verengung des Durchflussquerschnitts resultiert in einer höheren Durchflussgeschwindigkeit: 

1.2 Darcy’sches Gesetz – Die Basis der Grundwasserströmungen

Eine Wasserbewegung zwischen zwei Punkten a und b tritt nur dann auf, wenn ein Druckunterschied Δh vorhanden ist.

Der nachfolgende Quotient stellt das Druckgefälle zwischen den Punkten a und b dar: 

Die dimensionslose Verhältniszahl 

ist das hydraulische Gefälle. Wird eine Bodenschicht durchströmt, gilt bei laminarer Strömung das Gesetz nach Darcy. Darcy hat 1856 empirisch eine lineare Proportionalität zwischen der Filtergeschwindigkeit v und dem hydraulischen Gefälle i für laminare Strömungen gefunden:

mit

v: Filtergeschwindigkeit [m/s]
k: Durchlässigkeitsbeiwert [m/s]
i: hydraulisches Gefälle [-]

Bei der Durchströmung des Bodens wird der Potentialunterschied abgebaut, d.h. es wird Energie umgewandelt. Dies lässt sich mit Hilfe einer Energielinie darstellen.
Die Geschwindigkeit des Wassers wird nun definiert als Durchflussmenge in der Zeiteinheit, bezogen auf die Einheit der auf den Strömungslinien senkrechten gesamten Querschnittsflächen. Dieser Wert, die sogenannte Filtergeschwindigkeit, ist nicht die tatsächliche Geschwindigkeit der Wasserteilchen, da die Durchflussfläche aufgrund des Vorhandenseins von Bodenteilchen nur einen Teil der gesamten Querschnittsfläche ausmacht. Weitere Geschwindigkeitsdefinitionen finden sich in der folgenden Abbildung:

2. Laplace’sche Strömungsgleichung

Grundwasserströmungen treten natürlich bzw. aufgrund von baulichen Maßnahmen infolge unterschiedlicher Grundwasserspiegelhöhen auf. Im Folgenden wird eine ebene, stationäre Grundwasserströmung mathematisch beschrieben, um baupraktische Probleme damit beschreiben zu können. Dabei gelten die grundlegenden Annahmen:

  • Gültigkeit des Darcy’schen Gesetzes 
  • Wasser und Boden sind inkompressibel 
  • Homogenität und Isotropie 
  • Keine Kapillarkräfte, nur freies Grundwasser 

Aus dem durchströmten Boden wird gedanklich ein prismatisches Bodenelement mit den Kantenlängen dx, dy und dz geschnitten, das den genannten Annahmen genügt. Die Kantenlänge senkrecht zur Bildebene ist zu dy =1 gewählt.

Die waagerechte Komponente der Strömungsgeschwindigkeit ist vₓ, der hydraulische Gradient in waagerechter Richtung iₓ. h ist die hydraulische Druckhöhe am Element. Die entsprechenden Werte in der vertikalen Richtung z sind vz und iz. Die Strömung ist zweidimensional. In der Richtung y ist der Gradient und daher auch die Wassergeschwindigkeit Null.

Unter diesen Bedingungen beträgt die Wassermenge, die in das prismatische Element in der Zeiteinheit einströmt:

die Wassermenge die wieder austritt

Bei Einhaltung der Volumenkonstanz müssen beide Wassermengen, und damit beide Ausdrücke gleich sein, sodass gilt:

Dies ist die Gleichung für die Kontinuität der Strömung parallel zur x-z-Ebene. Mit dem Darcy’schen Gesetz sind

Eingesetzt in die Kontinuitätsgleichung führt dies zur Laplace’schen Strömungsgleichung, die besagt, dass bei gleichbleibendem Rauminhalt eine Veränderung des Gradienten in Richtung z durch eine Veränderung mit entgegengesetztem Vorzeichen in der Richtung x ausgeglichen werden muss. Für isotrope Durchlässigkeitsverhältnisse mit kx = kz gilt somit:

Mit einer Funktion für das Potential der Strömung

und der Bedingung kx = kz  lässt sich die Laplace’sche Strömungsgleichung als Grundgleichung der Potentialtheorie schreiben:

Sie beschreibt die Sickerströmung in porösen Medien. Die Lösung dieser Differentialgleichung bedarf der Formulierung von Randbedingungen, die in Folgenden beschrieben werden.

3. Randbedingungen für Grundwasserströmungen

Zur Lösung der o.g. Differentialgleichung müssen Randbedingungen formuliert werden. Man unterscheidet dabei in:

  • Randbedingungen 1. Art, Potentialrandbedingungen, Rand offen: Definition von einem Grundwasserpotential „h“ am Modellrand. 
  • Randbedingungen 2. Art, Quellenrandbedingungen, Rand offen: Definition von Quellen „q“ am Modellrand. 
  • Natürliche Randbedingung, Rand "dicht", undurchlässiger Rand: Zu- oder Abfluss gleich Null. 

Die Bernoulli’sche Gleichung für stationäre Strömungen lautet:

mit

g: Erdbeschleunigung [m/s²]
z: geodätische Höhe [m], bezogen auf eine gewählte Bezugsebene
u: Wasserdruck [kN/m²]
γw: Wichte des Wassers [kN/m³]

und ergibt sich aus den Anteilen der Lage- Druck- und Geschwindigkeitsenergie. Die Geschwindigkeitshöhe v²/2⋅g kann wegen der im Untergrund vorkommenden kleinen Fließgeschwindigkeiten im allgemeinen vernachlässigt werden. Somit bilden die geodätische Höhe und die Druckhöhe das Potential der Bewegung:

Beide Anteile sind für Punkte identischen Potentials komplementär. Dies bedeutet, dass diese Punkte voneinander abweichende Druckhöhen besitzen können oder sich in unterschiedlichen Höhenlagen befinden, die Summe beider Terme für ruhendes Wasser ist immer gleich.

5. Stationäre Berechnungen von Grundwasserströmungen mit GGU-2D-SSFLOW

Das Programm löst die Differentialgleichung u.a. für vertikal ebene und rotationssymmetrisch ebene Systeme:

Darin bedeuten:

kx, ky: Durchlässigkeit für x- und y-Richtung, z.B. [m/s]
h: Standrohrspiegelhöhe, in [m]
kr: Beiwert zur Bestimmung der Durchlässigkeit im ungesättigten Bereich [-] 
Q: Wassermenge, z.B. in [m³/s]
x,y: Koordinaten, z.B. in [m]

Der Wert kr erfasst die Veränderung der Durchlässigkeit in der ungesättigten Zone r oberhalb des Grundwasserspiegels und kann zwischen 0.0 und 1.0 liegen. In gesättigten Systembereichen ist kr gleich 1.0. Der Wert kr ist eine Funktion des Porenwasserdrucks u. Der Porenwasserdruck u berechnet sich aus der Standrohrspiegelhöhe h, der Ortshöhe y und der Wichte des Wassers γw . 

In der folgenden Abbildung sind für drei typische Böden die entsprechenden Verläufe dargestellt. Die Einbeziehung dieses Wertes in die Differentialgleichung hat bei der späteren Finite-Element Berechnung unter anderem den wesentlichen Vorteil, dass Sickerlinien sehr einfach berechnet werden können.

6. Instationäre Berechnungen mit GGU-2D-TRANSIENT

GGU-2D-TRANSIENT ermöglicht die Berechnung von instationären Grundwasserströmungen in horizontal ebenen, vertikal ebenen und rotationssymmetrischen Grundwassersystemen nach der Finiten-Element-Methode. Die zu lösende Differentialgleichung lautet für vertikal ebene Systeme:

Darin bedeuten:

kx, ky: Durchlässigkeit für x- und y-Richtung, z.B. [m/s]
h: Standrohrspiegelhöhe, in [m]
kr: Beiwert zur Bestimmung der Durchlässigkeit im ungesättigten Bereich [-] 
Q: Wassermenge, z.B. in [m³/s]
Ss: spezifischer Speicherkoeffizient 
x,y: Koordinaten, z.B. in [m]

Der spezifische Speicherkoeffizient Ss ist definiert als die Änderung des gespeicherten Wasservolumens je Volumeneinheit des Grundwasserraums bei Änderung der Druckhöhe H bzw. bei Absenkung um einen Meter Wassersäule.

Es können im Programm GGU-2D-TRANSIENT Randbedingungen zeitabhängig definiert werden, u.a. als Randpotential, zeitabhängig, als Polygonzug z.B. einer auflaufenden Hochwasserwelle:

Diese Polygonzüge können einzelnen oder mehreren Systemknoten zugewiesen werden.

6.1 Auswertung der Berechnungsergebnisse der Grundwasserströmung

Die Auswertung und Darstellung der instationären Grundwasserströmungen wird mit dem Auswerteprogramm GGU-PLGW durchgeführt:

  • Darstellung der verschiedenen Strömungsgrößen entlang von Schnitten durch das berechnete System
  • z.B. ein farbiger Zeichentrick, der die Potentiale in bestimmten Zeitschritten wiedergibt
  • die zeitliche Veränderung der Strömungsgrößen (Ganglinien) an bestimmten Punkten des Systems. 
  • Auslesen des Porenwasserdrucknetzes entlang von Schnitten durch das berechnete System für gewählte Zeitschritte als Grundlage von Standsicherheitsuntersuchungen mit GGU-STABILITY

7. Berechnungssystematik für zweidimensionale, vertikal ebene Probleme

7.1 Problemstellung stationär

7.2 Problemstellung instationär

  • Untergrundhydraulische Untersuchungen mit Berechnung eines Porenwasserdrucknetzes für einen stationären Ausgangszustand mit GGU-2D-SSFLOW 
  • Auslesen der Grunddaten für die Berechnung mit GGU-2D-TRANSIENT 
  • Erstellen von Polygonzügen, z.B. für instationäre Potentialrandbedingungen 
  • Instationäre Berechnung mit GGU-2D-TRANSIENT 
  • Auswertung mit GGU-PLGW 

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